Liebe Gemeinde,
Rudolf Steiner sprach vor über 100 Jahren etwas aus, was für die bestehenden Kirchen, für die Menschen damals geradezu eine Erschütterung ausgelöst haben muss. Das alte Gottesbild vermittelte dem Gläubigen, dass der Vater „oben“ im Himmel wohnt, der Teufel „unten“ in der Hölle. Der Gläubige hatte sich nun zum Vater oben im Himmel zu erheben, sich geradezu dem Vater wie entgegen zu strecken, und so sündenfrei wie möglich sein Leben zu führen, es rein zu halten, um sich so dem Teufel, unten in der Hölle, soweit es nur eben geht, zu entwinden, sich ihm fern zu halten.
Eine ungeheure Spannung liegt in diesem Bild, das auch zeigt, in welch große Not der Gläubige dadurch gebracht wurde. Denn ohne Sünde, ohne Absonderung, ohne Fehler können wir Menschen nun einmal nicht leben. Nun wird ein ganz neues Bild vor unsere Seelen gestellt. Ein Bild, das uns bis heute beschäftigen kann. Rudolf Steiner spricht davon, dass der Mensch zwischen zwei Widersachermächten steht – der Mensch selbst in der Mitte. Die eine Macht will ihn von der einen Seite her dazu verlocken, erdenflüchtig zu werden, sich loszulösen von der Erde, sich nicht so ganz mit ihr zu verbinden. Die andere Macht möchte den Menschen tief in die Erdenverhältnisse hineinverstricken, ihn an die Erde binden, so dass er ganz „Materialist“ wird, den Himmel vergisst, schließlich verleugnet. In unserer Weihnachtsepistel tauchen Worte auf, die diese beiden Mächte so beschreiben: Wir Menschen leben in der ständigen Gefahr, einseitig zu werden. Wir brauchen eine Kraft, die uns löst von „trügendem Scheinlicht…von würdeloser Sinnensucht“.
Es geht nicht darum, die Einseitigkeiten zu verhindern. Das können wir gar nicht. Es geht darum, die Mitte immer wieder neu zu bilden. Dass wir uns nicht in der Einseitigkeit verlieren. Dazu brauchen wir eine höhere Instanz, die uns in diesem Ringen erkraftet.
Der Christus wählte Brot und Wein als die geeigneten Träger, um Seine Wesenssubstanz aufzunehmen, die sich mit diesen beiden Substanzen verbindet. „Sal und Sulphur“ nannte man die beiden Prozesse in alten Zeiten, die im Brot und im Wein durch die Wandlung entstehen. Die Wandlung der Substanzen kann nur der Christus vollbringen. Durch die Gaben des durch den Christus gewandelten Brotes und Weines strömen dem Menschen die Kräfte zu, die es ihm ermöglichen, ein gesundes Verhältnis zur Erde, und ein gesundes Verhältnis zur geistigen Welt zu gewinnen. Der Christus will uns dabei unterstützen, dass wir immer neu unsere Mitte bilden, uns stärken, damit wir die Erde ergreifen, ihr aber nicht verfallen, und dass wir ein neues, immer freieres Verhältnis zur geistigen Welt bilden.
Als Kultusgemeinschaft können wir aufmerksam darauf werden, dass der Empfang der Kommunion immer auch von der geistigen Welt gewollt wird. Dass sie darauf angewiesen ist, dass wir Menschen Leib und Blut Christi in uns aufnehmen, um diese mittebildende Kraft in die Welt zu tragen. Die Kommunion ist nie nur für uns selber, sondern sie will immer eine Dynamik entfalten, die sich der Welt spendet. Zum Heile der ganzen Menschheit. Um diese geheimnisvollen Vorgänge besser zu verstehen und erleben zu lernen, wollen wir uns im Frühjahr mit der Frage auseinandersetzen: Was ist Kultus? Was sind Rituale? Und dann werden wir uns den kultischen Substanzen widmen: Brot und Wein; Salz, Wasser und Asche; Weihrauch und Öl. Wir werden überwiegend Vorträge haben, da wir den Eindruck hatten, dass dies mehr angenommen wird. Aber wir werden auch nach manchem Vortrag die Möglichkeit anbieten, sich im Anschluss noch auszutauschen. Das wird dann extra vermerkt.
So wünschen wir Ihnen eine lichtvolle und stärkende Advents-und Weihnachtszeit!
Ihre Alexandra Messias (ehem. Matschinsky)