Liebe Gemeinde,
die Weihnachtszeit liegt nun schon eine Weile hinter uns. In ihr haben wir die Geburt der Christus-Sonne in uns gefeiert. Zum Beginn der Passionszeit ist die Natur noch nicht erwacht. Oft zeigt sie sich von ihrer grauen Seite. Die Einschränkungen im Alltagsleben durch die Corona-Pandemie hinterlassen ihre Spuren in der Seele. In der Menschenweihehandlung heißt es in dem Gebet zur Passionszeit auch noch, dass unser Ich klagend am Boden liegt. Die Farbe der Festzeit ist das Schwarz. Dunkelheit, die Schattenseite ist ein Teil des Lebens, den wir uns nicht so gerne anschauen. Jeder trägt in seinem Innern etwas mit sich, auf das er nicht schauen mag, weil das, was zu sehen ist, zu schmerzhaft ist. Oft wirken diese Schattenseiten unbewusst in unser Leben hinein und binden uns, wo wir eigentlich aus unserem Ich handeln wollen. Passion wird von vielen als Fastenzeit begangen. Ein seelisches Fasten könnte darin bestehen, auch auf die eigenen Schattenseiten zu schauen, um die Fesseln zu lösen, die aus diesem Bereich auf uns wirken.
In dem erwähnten Gebet zur Passionszeit wird darum gebeten, dass das klagende, am Boden liegende Ich vom Geist erhoben werden möge. Die eigene Bemühung wird zur Grundlage dafür, dass der Geist unser Selbst stärken kann. Er führt uns zu uns selbst, hilft zu finden, was verstellt und verborgen war. Wer sich seinem wahren Selbst nähert, wird bemerken, wie das Ich, das klagend am Boden liegt, Hilfe aus dem Geist bekommen kann und aufrecht durch das Leben geht. Das kann die Frucht aus der inneren Passionsarbeit sein: Zu Ostern erscheint die Christussonne, die zu Weihnachten im Innern geboren wird, im Auferstehungsglanz.
Es grüßt Sie ganz herzlich, auch im Namen meiner KollegInnen, Christian Bartholl